Kaum ein Dorf in unserer näheren Umgebung ist so vom
Wasser geprägt wie Ulfen. Schon der erste Name "Olfe-
naha" aus dem Jahr 775 bezieht sich auf das Wasser.
So lautet der zweite Teil dieses Namens "naha"
und bedeutet in der keltischen Sprache
"Wasser". Der erste Teil hingegen heißt
"Olfe", was als wütend oder brausend
gedeutet wird, so dass der alte Name
"Olfenaha" soviel wie "Wütendes Wasser" bedeutet.
Dieses bezieht sich zweifelsohne auf das Wasser, das
immer wiederkehrend, von den Hängen des Ringgau in
das Tal der Ulfe herunterkommt. Ob im Frühjahr, wenn die
Wassermassen der Schneeschmelze zu Tale
brausen, oder während der anderen Jahres-
zeiten bei starken Gewittern oder einem
Wolkenbruch der im Einzugsgebiet
fällt. Dann kommt der "Alte Weißt", wie der Wasser-
graben in Ulfen heißt, mit Brausen und mit Toben in einer Flutwelle bis zu einem Meter hoch und schiebt Holz und Schotter vor sich her. Schon im Rendaer Tal, wo das Flussbett bis zu 30 Meter breit ist, sucht sich das Wasser immer wieder neue Wege, ein querliegender Baumstamm, ein Wurzelstock oder eine große Steinplatte verändern immer wieder die Richtung der starken Strömung.
Dann wir die Erde aufgewühlt, Erde, Holz, Steine und aller möglicher Unrat wird mitgerissen, und auch am Fuß der hohen Felswände nagt das Wasser immer wieder. An Krümmungen und flachen Teilstrecken wird dann das Treibgut wieder angelandet oder bei besonders starkem Wassergang durch das Dorf bis zur Ulfe mitgenommen, um dann auf den überfluteten Äckern und Wiesen liegenzubleiben. Das Einzugsgebiet des "Alten Weißt" ist ca. 28 qkm groß und hat einen Höhenunterschied von Ulfen (270 m) bis zur Rendaer Höhe (440 m) von 170 Meter.
Es reicht von der Grandenbörner Flur, der Wasserscheide zum Netratal über die Rendaer Höhe - Altefeld bis zum Hasengarten an der Unhäuser Höhe. In früheren Jahren wurde das Dorf regelmäßig von den Wassermassen, welche an den Furten aus dem Flussbett heraustraten, überflutet. Von dort lief das Wasser dann durch die tiefergelegenen Gassen zum Brauwasser, um sich dann unterhalb des Dorfes wieder in der Ulfe zu vereinigen. Mancher Hof wurde dabei vom Wasser überflutet und die Anwohner versuchten, sich durch errichten von Dämmen aus Bohlen, Mist und Erde vor dem Wasser zu schützen. An manchen Hofeinfahrten kann man noch heute Steine mit einer eingemeißelten Nut finden, in welche die Bohlen eingesetzt wurden. Bei der Jugend wurde das Hochwasser dann dazu genutzt, eine Bootsfahrt mit dem Backtrog oder dem Schweinebrühtrog durch die Dorfstraße zu machen.
Erst bei der Flurbereinigung in den sechziger Jahren wurden dann Brücken gebaut und der "Alte Weißt" durch hohe Betonmauern in sein Bett gezwungen. Erst kurz zuvor hatte der wieder einmal gezeigt, wie stark er ist und einen Schaden von über 30.000 DM angerichtet. Wenn das Frühjahr kommt, die Schneeschmelze vorüber ist und die Niederschläge nachlassen, wird das Wasser des "Alten Weißt" immer weniger und versiegt im Sommer schließlich gänzlich, so dass ein Trockenbett entsteht.
Doch nicht nur der "Alte Weißt" bringt sein Wasser vom Osten her nach Ulfen, auch die Ulfe hat vom Süden und Westen her ihr Einzugsgebiet. Dieser verläuft vom Hasengarten bis zum Buchholz über Blankenbach und weiter auf der Wasserscheide des Richelsdorfer Gebirges bis vor Nentershausen. Auch hier kommen große Mengen Wasser zu Tal, jedoch nicht so schnell und mit soviel Gewalt, und so kommt es, dass das Wasser des "Alte Weißt" meistens schon abgeflossen ist, wenn die Ulfe hochkommt.
Um sich vor diesen Wassermassen zu schützen, haben die Ulferner Bürger schon vor Jahrhunderten Steinmauern entlang des Wassers gebaut. Die Keller ihrer Häuser wurden nicht in die Erde gegraben, sondern ebenerdig angelegt und die Wohnräume wurden durch einen hohen Hausstein(Treppenaufgang), erreicht. Wer heute durch den Ort geht, sieht an den Untergeschossen der Häuser, Stallungen und Scheunen, die zum Teil gewaltigen Steinquader, welche die Kellermauern bilden.
Diese Steine wurden einst an der Abbruchkante zum Grandenbörner und Rendaer Tal gebrochen. Hier liegen die Steinbänke der Kalkschichten des Ringgau flach unter der Erde und konnten in mühsamer Arbeit ausgegraben und behauen werden. Zum Abtransport wurden die Steine unter hochrädrige Pferdewagen gehangen und zur jeweiligen Baustelle gefahren, wo sie dann aufgeschichtet wurden. Die hohen Treppenaufgänge sind heut größtenteils nach innen in die Häuser verlegt, oder überbaut worden.
Wer mit offenen Augen und ein wenig Interesse an der Bauweise dieser alten Häuser durch Ulfen geht, kann auch heute noch den Fleiß und die Kraft erkennen mit denen die Menschen in früheren Zeiten ohne Kran und Bagger zu Werke gingen, um sich vor dem Wasser zu schützen.



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